Donnerstag, 4. August 2016

Einmal Vorbereitung und zurück...


Ode an die Zeit
 
Zeit ist alles,
Zeit ist nichts.
Im Schwinden des Tages,
Im Aufgeh'n des Lichts.

Will man sie bannen,
So geht sie und rennt.
Im ewigen Laufe
Kein Halten sie kennt.

Hat man ihrer zu viel,
So will sie nicht enden.
Sie kann Nerven rauben,
oder Kraft spenden.
 

Im Schwinden des Tages,
Im Aufgeh'n des Lichts,
Zeit ist alles,
Zeit ist nichts.

(Als Strafarbeit fürs verspätete Erscheinen wurde das Gedichteschreiben eingeführt, welches am folgenden Abend der Gruppe vorgestellt werden musste. Ich war jedoch nach meinem Zuspätkommen am Abend vergessen worden und hatte so eine Reserve fürs erneute Wegbleiben...)

Fester Bestandteil eines Freiwilligendienstes  sind Seminare, die pädagogische Unterstützung und fachliche Betreuung bieten, jedoch auch auf emotionaler und sozialer Ebene auf das bevorstehende Jahr vorbereiten oder das Vergangene nachwirken lassen.

Zu meinem Vorbereitungsseminar trafen vom 12.-21. Juli fast 60 Menschen aufeinander, die sich alle in ebenjenem Zustand zwischen Altem und Neuem, meist zwischen Schulabschluss und Abreise befanden, zusammengefasst in einer Gruppe der hauptsächlichen Ausreisegebiete Indiens und Skandinaviens. 

Nach der Fahrt von Dresden nach Freudenstadt bei Karlsruhe, deren acht Stunden erstaunlich schnell vergangen waren, folgte nun der erste Kulturschock, dem in der nächsten Zeit noch viele zu folgen schienen. Mengen an Menschen, Freiwillige wie Teamer trafen zum ersten Mal aufeinander, es galt sich Namen zu merken, Zimmer zu beziehen und mit der neuen Situation umzugehen. Im Nachhinein erstaunt mich doch, wie schnell sich jene Umgebung normalisierte und der Umgang und tägliche Ablauf vertraut wurde.
 

Der Tag begann um 7:30 Uhr mit Morgenworkshop-Angeboten aus der Gruppe oder von Seiten der Teamer, wie beispielsweise Yoga, Improvisationstheater oder Joggen, darauf Frühstück und ein erstes gemeinsames  Zusammentreffen zum erneuten Wachwerden und Besprechen des Tages. Es folgte anschließend die erste Einheit zur Behandlung eines Themenbereiches, die nächsten nach der Mittagspause und dem Abendessen. Der Tag endete mit der sogenannten Sternstunde, bestehend aus einer letzten gemeinsamen Begegnung aller zum Ausblick und Rückblick auf die gemeinsame Zeit und einem abschließenden Insbewusstseinrufen eigene Gedanken und Gefühle in dem Moment und über den Tag, gemeinsam und doch jeder für sich allein, im Schein der Kerzen.

Um über Themen sprechen zu können gab es eine Einteilung in vier „liebevolle Kleingruppen“ mit je 15 Personen, jedoch auch länder- und einsatzstellenspezifische Besprechungen, beispielsweise für all jene, die in Camphill-Einrichtungen oder in der Landwirtschaft tätig sein würden. Auch wurden verschiedene Themen behandelt, persönliche wie allgemeine, rechtliche und Bildungsschwerpunkte. Wir bearbeiteten Bereiche des sozialen Miteinanders, wie beispielsweise unsere eigenen Grenzen zu erkennen und klar auszudrücken, besprachen unsere Ängste und Erwartungen gegenüber dem Ungewissen, lernten Aspekte der Anthroposophie kennen und tauschten uns sehr viel auf persönlicher Ebene miteinander aus. Die gesamte Zeit gestaltete sich unerwartet intensiv, unbeschreiblich, interessant und sehr nah, mit Menschen, die man so höchstens 10 Tage kannte.

Die Sonnenblumen-Reisegruppe (meine liebevolle Kleingruppe)

So hatten auch alle Geschichten, alle Teilnehmenden mein Interesse. Konsequent versuchte ich mich zu den gemeinsamen Mahlzeiten stets an andere Tische zu setzen, mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen, neue Eindrücke aufzunehmen. Auf diese Weise entstanden immer neue Gruppenzusammensetzungen, neue Gesprächsthemen und Austausch, selbst unter 60 Menschen. Diese Form der Begegnung hinterließ einen tiefen Eindruck, das gegenseitige Interesse, Achtung und Respekt , mit dem jeder jedem zu begegnen schien, so etwas hatte ich vorher noch nicht mit dieser Selbstverständlichkeit erlebt. Demnach fiel auch der Abschied schwer, Tränenmengen nach lediglich zehn kurzen Tagen.

Als besonders intensiv bleibt mir eine Kleingruppenaufgabe in Erinnerung, die die zehn Tage abrundete. Wir befanden uns auf der Abschlusswanderung und legten immer wieder Pausen ein, um jedem aus der Gruppe ein persönliches Feedback mit auf den Weg zu geben. Jeder spiegelte wider, wie er den Anderen wahrgenommen hatte, teilte den ersten Eindruck, aber auch den einprägsamsten, gemeinsame Situationen, Gefühle und Erinnerungen mit dem Gegenüber und der Gruppe, jeder hörte zu und sprach respekt- und liebevoll. Da dieser Aspekt der gegenseitigen Wahrnehmung und Mitteilung in unserer Gesellschaft wenig gelebt wird und Eindrücke über mich genannt wurden, die ich nie für möglich gehalten hätte, berührte mich dieser abschließende Teil der Gruppenarbeit sehr. 

Das Letzte, was sich jeder selbst mit auf den Weg gab war ein Brief, den man an sich selbst verfasste und in einem Jahr zur Rückkehr erneut zu lesen bekommen würde. Er fing eine Stimmung, einen wunderbaren Moment ein, den nachzuempfinden wir in einem Jahr dadurch in der Lage sein werden.


Nun bleibt mir nur noch, danke zu sagen, für die wundervolle und intensive Zeit, danke an alle Teilnehmer, Teamer und Mitgestalter!
Ich befinde mich bereits jetzt in freudiger Erwartung auf das Rückkehrseminar.


k

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